Lucy Harvey


Die Arbeiten von Lucy Harvey können als ständige Entäußerungen eines künstlerisch reflektierenden Ich's gelesen werden. Fragen nach der Verortung der eigenen Person, nach den geistigen Verwandtschaften, nach demWert der Künste klingen in dem intermedial angelegten OEuvre an.Weit entfernt von der Beantwortung dieser Fragen bilden die Arbeiten auf der inhaltlichen Seite ein Konglomerat von Realität im Sinne gesicherter Spuren, vermischt mit gesetzten Fiktionen, angereichert mit unübersehbarer Ironie. Von den Arbeiten geht ein deutlicher dokumentarischer Anspruch aus. Neben den biografischen Elementen, die sich in der Präsentation im Kunstraum in der Arbeit Auszüge aus Lebensführer, Anhang 1, Bildbibliothek zeigten, spielt in den jüngeren Arbeiten die Auseinandersetzung mit historischen Kunstwerken eine wesentliche Rolle. Die Annäherung an die Schönen Künste erfolgt mittels eines unbefangenen Eklektizismus. In Kopien,Vervielfältigungen und in der spielerischen Neuordnung der Elemente werden die Objekte der Bewunderung ihrer auratischen Ferne enthoben. Freigestellt vom Kontext der Museen, herausgelöst aus der Atmosphäre sakraler Architektur, können die Arbeiten eine neue Lebendigkeit entwickeln, können auf ästhetische Relevanz hin überprüft werden. Das Ensemble der im Kunstraum gezeigten Arbeiten machte es dem Betrachter nicht leicht, einen Zusammenhang zwischen diesen zu finden: eine Sammlung von Schnappschüssen, eine computergenerierte Bodenarbeit, die auf ein byzantinisches Mosaik Bezug nimmt und der von der Künstlerin gesungene erste Akt der "Walküre".

Alle Arbeiten sind durch ihre Titel in Lucy Harvey's Lebensführer verzeichnet und thematischen Kapiteln sowie Unterkapiteln zugeordnet. Der Wahrnehmung und Sammlung des Materials folgt die künstlerische Umsetzung, dieser wiederum die Ordnung und Archivierung der Arbeiten in einem übergeordneten Gesamtkonzept. Die methodische Strenge der Gliederung erlaubt es der Künstlerin Arbeiten zu entwickeln, die sich der Festlegung durch Vorgaben des eigenen OEuvres entziehen.Vitalität und gelebtes Leben können sich in ihrem Facettenreichtum entwickeln und künstlerisch widerspiegeln – den Rahmen bestimmt die Souveränität des Ich's. (Michael Voets)